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Abstract

Restrukturierungsvorhaben benötigen einen Mix aus Projekt Management und Change Management

Unternehmen müssen sich durch Restrukturierungsprojekte fortwährend den veränderten Marktgegebenheiten anpassen, um wettbewerbsfähig und somit rentabel zu bleiben. Restrukturierungsprojekte bedeuten gleichzeitig Veränderungen für die Ablauf- und Aufbauorganisation von Unternehmen. Aufgrund dessen benötigen erfolgreiche Veränderungen einen Mix aus professionellem Projekt Management und Change Management.

Restrukturierung bedeutet eine Anpassung an Marktgegebenheiten

Die fortwährende Anpassung der Strukturen eines Unternehmens gehört seit jeher zu den Kernaufgaben von Unternehmenslenkern, um wettbewerbsfähig und somit rentabel zu bleiben. Im Idealfall und der Theorie zufolge soll die fortwährende Anpassung der Strukturen vorausschauend in Zeiten wirtschaftlicher Stärke geschehen. Erfahrungsgemäß und in der Praxis geschieht dies jedoch häufig erst, wenn das Unternehmen in eine ernste Krise geraten ist oder eventuell sogar um das wirtschaftliche Überleben kämpft.

Stets geht es bei Restrukturierung um die Frage: “Wie kann die Unternehmensstruktur optimal an die Marktgegebenheiten angepasst werden, um wettbewerbsfähig sowie rentabel zu bleiben?“

Folglich und mit Blick auf die Absatzseite steht dabei die Frage im Vordergrund, wie das Leistungsportfolio – heute vielfach ein Mix aus Produkten und Dienstleistungen – zu wettbewerbsfähigen Preisen über verschiedene Kanäle offeriert werden kann. Auf der Beschaffungsseite steht die Frage im Vordergrund, wie ein optimaler Mix aus ‚Make or Buy‘-Komponenten unter Einbindung von vertikalen und horizontalen Partnern aussehen kann.

Diese Aufgabenstellung ist grundsätzlich nicht neu, hat aber zweifelsohne durch die fortschreitende Globalisierung und Digitalisierung eine neue Dimension erreicht. In den vergangenen Jahren hat sich der Begriff der sog. VUKA-Welt etabliert, in der sich Unternehmen behaupten müssen. VUKA steht dabei für ‚Volatilität‘, ‚Unsicherheit‘, ‚Komplexität‘ sowie ‚Ambiguität‘. Der Anpassungsdruck und damit die Notwendigkeit für Restrukturierungen in immer kürzeren Zeitabständen ist damit deutlich gestiegen, wie jüngst auch durch das Restrukturierungsbarometer Herbst 2018 des Finance Magazins verdeutlicht. Besonders die Finanzwelt erfährt eine erhöhte Notwendigkeit für Restrukturierungen aufgrund der zunehmenden Digitalisierungsgeschwindigkeit. So prognostizieren die befragten Restrukturierungsexperten einen deutlichen Anstieg neuer Restrukturierungsfälle in Deutschland für 2019. 30% der befragten Restrukturierungsexperten gaben an, im vergangenen Halbjahr neue Beratungsprojekte zum Thema ‚Restrukturierung‘ erhalten zu haben. Im Frühjahr 2019 lag der Wert – nur leicht darunter – bei 29%. Zum Vergleich, die Anzahl derer, die sinkende Zahlen von Restrukturierungsfällen angeben haben, ging auf 20% zurück (im Frühjahr 2018 lag die Zahl noch bei 34%). Das Finance Magazin meldet, dass dies der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung (seit Herbst 2012) gewesen sei.

Unabhängig vom gesetzten Schwerpunkt einer Restrukturierung, ist es das Ziel, dass das Unternehmen gestärkt wird und auf Grundlage einer soliden Ertragssituation in die Zukunft blicken kann.

Restrukturierung heißt Veränderung

Unabhängig davon in welchem Bereich des Unternehmens eine Restrukturierung erforderlich wird, kommt es meistens zu bedeutenden Veränderungen für alle Beteiligten.

Durch eine Restrukturierung verlässt eine Organisation einen häufig nicht optimalen aber zumindest organisatorisch stabilen Ausgangszustand „A“ um einen gewünschten Zielzustand „B“ einzunehmen. Wenn sich Aufbau- und Ablauforganisation ändern, bedeutet das für die beteiligten Mitarbeiter, dass sich eingeübte Prozesse, etablierte Rollenverteilungen sowie Entscheidungsbefugnisse bereichsübergreifend ändern können. Ebenso können neue IT-Applikationen und Office Werkzeuge Einzug finden. Kommt darüber hinaus noch ein Kulturwandel hinzu, so steigt die Anforderung an die Organisation und erzeugt bei den Betroffenen zusätzlichen Veränderungsstress, welcher in der Regel zu Produktivitätsnachlass führt.

Während für das Top Management häufig mit der getroffenen Entscheidung zur Restrukturierung die Aufgabe abgeschlossen scheint, wird diese für das mittlere Management und die Mitarbeiter ein oft monatelang andauernder Veränderungsprozess.

Dabei ist die Zeitspanne zwischen „Alt“ (Ausgangszustand A) und „Neu“ (Zielzustand B) eine Zeit erhöhter Fehleranfälligkeit, hochkochender Machtkämpfe und zunehmender Frustration und mit einem Gefühl der Verunsicherung in der Belegschaft verbunden. Eine direkte Folge sind Abwanderung von Talenten und Experten und damit mühsam aufgebautem Wissen und Erfahrung. In der Regel geht mit diesen Entwicklungen ein bei Kunden, Lieferanten und weiteren Geschäftspartnern spürbarer Einbruch der Produkt- und Dienstleistungsqualität einher. Von außen wird eine solche Situation häufig mit „Die sind mit sich selbst beschäftigt“ treffend kommentiert. Die entscheidende Frage dabei ist: Wie lange darf ein Unternehmen mit sich selbst beschäftigt sein? Wie lange darf dieser Zustand der Veränderung andauern, ohne dass die Erfüllung des Leistungsversprechens und die damit zusammenhängende Reputation dauerhaft und irreparabel Schaden nimmt? Die Antwort ist: Jeder Tag ist einer zu viel, denn Zeit ist ein entscheidender Faktor während des Restrukturierungsvorhabens.

Veränderung verlangt nach Projekt Management und Change Management

Was braucht es, um Restrukturierung erfolgreich zu machen? Wie kann der Zeitraum bis zur Einnahme des Zielzustandes möglichst kurzgehalten werden?

Unstrittig ist, dass ein Restrukturierungsprojekt ein professionelles und planvolles Projekt Management benötigt. Der Fokus im Projekt Management liegt dabei auf den zu erreichenden Zielen und Meilensteinen. Projekt Management organisiert somit vor allem Ressourcen auf der Zeitachse und sorgt für eine zeitgerechte Verteilung aller relevanten Informationen. Das sorgfältige Vorgehen mit den drei Phasen (1) Analyse, (2) Definition der Restrukturierungsmaßnahmen und (3) Umsetzung der Maßnahmen ist unerlässlich für den Erfolg jeder Restrukturierung.

Darüber hinaus jedoch muss das klassische Projekt Management durch ein ebenso professionelles Change Management ergänzt werden. Change Management, eine Disziplin, die in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen hat, fokussiert sich auf die Akzeptanz der Restrukturierungsmaßnahmen bei den Beteiligten, das Engagement der Mitarbeitenden und die nachhaltige Verankerung des Zielzustandes in der  Organisation. Change Management zielt damit auf das emotionale Erreichen und Aktivieren der beteiligten Akteure ab und adressiert mögliche Vorbehalte und eventuell entstehende Widerstände. Gleichzeitig besteht die Herausforderung während einer Restrukturierung darin, eine übergreifende Vision der Veränderung zu transportieren und dafür einen gemeinsamen Werterahmen zu entwickeln. Daher empfehlen laut der ‚Change Management Fitness Studie 2018‘ 77% der befragten Experten 5-40% des Gesamtprojektbudgets in Change Management Maßnahmen zu investieren, je nach Größe und Komplexität des Restrukturierungsprojekts.

Ein planvolles Change Management Konzept ist damit eine notwendige Ergänzung zum Projekt Management, denn Restrukturierung gelingt eben nicht nur mit der sorgfältigen Ausplanung von Zielen und Ressourcen und der Anfertigung von Meilensteinplänen und Statusberichten.

Organisationen und die Menschen, die sie ausmachen, wollen überzeugt werden. Sie sind nur bereit sich für eine Sache (Zielzustand B) zu engagieren, wenn der Sinn – häufig der persönliche Nutzen – der Veränderung erkennbar ist. Dies ist deshalb so entscheidend, da ohne das Engagement der Mitarbeitenden nahezu jede geplante Restrukturierung zum Scheitern verurteilt ist.

Change Management Experten sprechen dabei häufig von der Notwendigkeit einer ‚Burning-Plattform-Message‘ als Grundlage jeder Veränderungsinitiative. Der Begriff ‚burning platform‘ entspringt dabei der Katastrophe um die 1988 explodierte Ölbohrinsel ‚Piper Alpha‘ in der Nordsee. Nur 61 der 228 Arbeiter überlebten das Unglück, weil sie sich mit einem Sprung ins eiskalte Wasser der Nordsee von der brennenden Ölplattform retteten. Den Arbeitern war damals die Notwendigkeit (‚sense of urgency‘) des Springens ins buchstäblich kalte Wasser deutlich vor Augen. Entweder der sichere Tod durch die Flammen, oder eine Chance auf Überleben durch den Sprung ins Wasser.

Übertragen auf die Wirtschaftswelt ist die Wichtigkeit dieser Botschaft nicht zu unterschätzen. Es gibt zahllose Beispiele, wo ein Fehlen der ‚burning platform‘ Unternehmen in eine Krise oder sogar die Insolvenz getrieben hat. Dabei gilt: je erfolgreicher Unternehmen sind, desto herausfordernder ist es, diesen ‚sense of urgency‘ zu entwickeln, um so eine Restrukturierung ‚in guten Zeiten‘ zu initiieren. Stellvertretend für viele andere seien hier nur NOKIA und Kodak genannt.

Ist die Botschaft im Unternehmen verstanden, steht die zweite Herausforderung bevor. Den Einzelnen zu motivieren, sich im Sinne der Restrukturierung zu engagieren. Im angelsächsischen Raum wird dies häufig mit der ‚What’s in it for me?“-Frage beschrieben. Die Beteiligten müssen einen persönlichen Nutzen erkennen, damit sie sich für die Restrukturierung einsetzen. Im schlimmsten Fall geht es hier um die Erhaltung des eigenen Arbeitsplatzes, im besten Fall darum, das Geschäft noch weiter auszubauen und profitabler zu gestalten.

Ist diese Grundlagenarbeit gemacht, braucht ein erfolgreicher Veränderungsprozess eine klare Vision, greifbare Ziele und eine Antwort auf die Frage: “Mit welchen Schritten/Meilensteinen kommen wir zu unserem Zielzustand B?“. Eine Vision eint die Organisation und gibt das große Ziel vor, an dem sich vom Vorstand bis zum Pförtner alle ausrichten können. Folglich konkretisieren greifbare Ziele die Vision und machen sie häufig auch quantitativ verbindlicher. Ein Meilensteinplan (‚Roadmap‘) zeigt die konkreten Schritte auf, die während der Restrukturierung notwendig sind und mindert darüber hinaus Ängste sowie Unsicherheiten zu dem “Und nun?“.

Was an dieser Stelle nach Lehrbuch und Allgemeinwissen klingen mag, ist in der Praxis bereits harte Arbeit, die sich erfahrungsgemäß über mehrere Monate hinziehen kann.

Schließlich gilt es Eigentümer, Management, Mitarbeitende und mögliche weitere Stakeholder auf ein Ziel und Vorgehen zu einen. Die Identifikation aller relevanten Personengruppen und deren Interessen kann auf Basis einer Stakeholder Analyse durchgeführt werden. Somit können konträre Interessenlagen sichtbar gemacht werden und Konflikte bereits im Vorfeld vermieden bzw. proaktiv moderiert werden, welche sonst eine Restrukturierung erheblich erschweren können.

Change Management beschäftigt sich somit gezielt und proaktiv mit dem Umgang von möglichen Widerständen, schafft im Idealfall einen fairen Ausgleich mit den vermeintlichen Verlierern der Restrukturierung, um somit offen ausgetragene und zeitraubende Konflikte unter den Stakeholdern zu vermeiden.

Ist diese wichtige Voraussetzung geschaffen, kann es an die Umsetzung gehen. Nun gilt es, die Organisation zu befähigen, die Restrukturierung auch zu leben. In der Praxis treten bei der Befähigung der Organisation die Restrukturierung zu leben, sehr häufig Probleme auf.

An erster Stelle sind mangelnde Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeitenden zu beobachten. Lücken können durch Trainings und Vermittlung von benötigtem Fachwissen zielgerichtet beseitigt werden.

Zweitens beeinflusst eine geänderte Aufbau- und Ablauforganisation durch neue Team- und Rollenkonstellationen das Unternehmen. Hierzu ist es notwendig neue Kollaborationsmodelle zu etablieren und zu kommunizieren, um somit die Erwartungshaltung an Abteilungen oder Personen zu verdeutlichen.

Der dritte und schwierigste Bereich sind kulturelle Hürden, die überwunden werden müssen. Die Unternehmenskultur ist sowohl ein sichtbares aber auch ein unsichtbares Regelwerk, welches maßgeblich das Verhalten und die Glaubenssätze einer Organisation und das Verhalten seiner Mitglieder bestimmt. Dieses Regelwerk zu verändern bedarf eines klaren und bewussten Verhaltens der Unternehmensführung und das über einen längeren Zeitraum hinweg.

Die Kultur eines Unternehmens zu ändern ist häufig ein Prozess, der mit viel Sinn für Symbolik und klaren Sanktionen für ein von nun an unerwünschtes Verhalten einhergeht. Ein aktives und sichtbares Vorleben der geänderten Unternehmenskultur durch die Führungskräfte des Unternehmens ist hierbei besonders wichtig.

Wurde Zielzustand B einmal erreicht, so ist es von immenser Bedeutung, diesen aktiv zu verankern um ‚Rückfälle‘ in alte Verhaltensmuster zu verhindern. Hierbei hat sich gezeigt, dass es von zentraler Bedeutung ist, die Richtigkeit der Veränderung frühzeitig durch Erfolgserlebnisse zu untermauern. Die aktive Kommunikation von sogenannten ‚Quick-Wins‘, also positiven Ergebnissen durch die eingeschlagene Veränderung, schafft Vertrauen und Akzeptanz, lässt Widerstand verstummen und ist somit ein zentraler Baustein einer jeden Restrukturierung. In erfolgreichen Restrukturierungsprojekten werden solche ‚Quick-Wins‘ mit Hilfe geeigneter Formate frühzeitig und adressatengerecht kommuniziert. Es kann daher nicht häufig genug wiederholt werden: Kommunikation ist ein zentraler und entscheidender Erfolgsfaktor in jedem Restrukturierungsprojekt.

Zusammenfassung

Restrukturierungsvorhaben brauchen eine Kombination aus Projekt Management und Change Management.

Change Management fokussiert dabei zunächst auf eine überzeugende und nachvollziehbare Vision. Was viele als Allgemeinwissen bezeichnen würden, wird in der Praxis jedoch immer wieder unterschätzt. Um es deutlicher zu sagen: Communication is the key to success.

Daher bedarf es für die Gesamtorganisation während einer Restrukturierung einer klaren ‚Burning-platform‘- und in der Folge eine adressatengerechte ‚What’s in it for me?‘-Botschaft. Anschließend muss durch eine überzeugende Restrukturierungs-Roadmap der Weg der Veränderung mit Zielen und Meilensteinen aufgezeigt werden und durch geeignete Maßnahmen Fähigkeiten sowie Kenntnisse der Beteiligten aufgebaut werden. Die Auswahl geeigneter Kommunikationsformate und die Wiederholung stets der gleichen Botschaft sind wichtige Voraussetzungen, um in Restrukturierungsprojekten erfolgreiches Change Management anzuwenden.

Jedoch ist es häufig während Restrukturierungsprojekten der Fall, dass Unternehmen mit einem strukturierten Ansatz für Projekt- und Change Management nicht vertraut sind. Damit riskieren Unternehmen langfristig den Erfolg ihrer Restrukturierungsprojekte. Hierbei können Beratungsunternehmen durch den Einsatz von Projekt Management und Change Management einen klaren Mehrwert in Restrukturierungsprojekten liefern und somit den nachhaltigen Erfolg sichern.

Christian Böhm, Désirée Schweig

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