"Mit Mut zur Lücke: Wie die HGK sich als Integrated Logistics Group neu erfindet!"
In den letzten fünf Jahren hat die Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen, um sich in einem dynamischen Marktumfeld als „Integrated Logistics Group“ zu positionieren. Unter der Leitung von Uwe Wedig, Vorstandsvorsitzender der HGK, wurden mutige Entscheidungen getroffen, wie der Erwerb von HGK Shipping, dem größten europäischen Binnenschifffahrtsunternehmen, und die strategische Neuausrichtung des Bereichs Logistics and Intermodal. Diese Meilensteine zeigen den Weg eines kommunalen Unternehmens, das trotz regulatorischer Einschränkungen die Balance zwischen Stabilität und Innovation findet. Im Interview sprechen Wedig und Roland Mönikes, Geschäftsführer und Senior Parner bei Advyce & Company, über Herausforderungen wie die Digitalisierung, die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und den Umgang mit volatilen Zeiten. Dabei wird deutlich, wie wichtig ein zukunftsorientiertes Mindset und Kooperationen für den Erfolg sind – und warum sie von der Politik mehr Unterstützung erwarten.
Herr Wedig, was zeichnet den Weg der HGK in den vergangenen 5 Jahren aus, was waren für Sie persönlich die wichtigsten Meilensteine?
UW: Der Mut zur Lücke! Die vergangenen Jahre waren richtungsweisend für die Entwicklung der HGK zur Integrated Logistics Group. In Zeiten unsicherer geopolitischer Lagen, konjunktureller Probleme und struktureller Veränderungen in den Schlüsselindustrien in Deutschland, hat sich unser Unternehmen ständig weiterentwickelt. Ein entscheidender Milestone war hierbei ganz sicher der Erwerb der heutigen HGK Shipping, des größten europäischen Binnenschifffahrtsunternehmens. Gleichzeitig haben wir damit begonnen, das Geschäftsmodell der HGK Logistics and Intermodal neu zu ordnen. Damit sind wir einen deutlichen Schritt weitergekommen. Darüber hinaus haben wir mit der Gründung der Fusion Cologne GmbH ein neues Geschäftsmodell etabliert, das sich mit der Entwicklung von Industriearealen beschäftigt. Und all das während der Hochphase von Corona. Darüber hinaus entwickeln wir die organisatorische Struktur der HGK AG, als Management-Holding, beständig weiter
Wie sehen Sie die Entwicklung kommunaler Unternehmen, was hat sich geändert, was sollte sich ändern?
UW: Als Teil des Stadtwerke Köln Konzerns – und damit als kommunales Unternehmen – unterliegt unser unternehmerischer Spielraum immer der kommunalen Gesetzgebung, also der Gemeindeordnung. Dies ist in der unternehmerischen Gesamtentwicklung dann schon ein Nachteil gegenüber privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, obwohl wir als AG organisiert sind. Die Gemeindeordnung setzt hier besondere Regeln und Grenzen in der Tätigkeit für Unternehmen wie die HGK. Hier eine Annäherung an die Möglichkeiten unserer privaten Mitbewerber hinzubekommen, wäre aus meiner Sicht anzustreben.
RM: Kommunale Unternehmen in Deutschland haben bereits erhebliche Fortschritte in Bereichen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit gemacht, stehen aber weiterhin vor großen Herausforderungen. Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen sie ihre Innovationskraft stärken, Effizienzgewinne durch Digitalisierung realisieren, ihre Geschäftsmodelle diversifizieren und ihre finanzielle Basis stärken. Nicht zu unterschätzen sind mit Sicherheit die Vorteile, die man als kommunaler Anbieter hat. Hierdurch kann man sich einerseits auf lokale Bedürfnisse konzentrieren, während man gleichzeitig durch Innovationen sowie durch Digitalisierung die Effizienz und die Kundenzufriedenheit steigert. Im Vergleich zu privaten Wettbewerbern bieten kommunale Unternehmen oft Stabilität und Verlässlichkeit, was durch strategische Partnerschaften und eine stärkere Vernetzung gezielt weiter ausgebaut werden kann. Die HGK geht auch mit der bereits erwähnten Gründung der Fusion Cologne GmbH hier sehr spannende Wege, die weit über die Stadtgrenzen von Köln hinaus wahrgenommen werden und dies nicht zuletzt auch auf dem hart umkämpften Markt um Fachkräfte und Experten.
Wie entwickelt man in einer Branche wie der Ihren und in tradierten Strukturen klug neue Geschäftsmodelle?
UW: Entscheidend sind hierbei die Menschen, die ja den Erfolg eines Unternehmens ausmachen. Die HGK hat ja in der Tat einen sehr traditionellen Nukleus, mit der Eisenbahn und dem Hafengeschäft. Aber wir haben es mit Beharrlichkeit und Überzeugung geschafft, die Menschen mitzunehmen, die sich mitnehmen lassen wollten. Wenn der Erfolg dann einsetzt, setzt das noch einmal neue Kräfte frei und es entstehen die Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle. Aber wie gesagt, entscheidend ist der Wille und die Begeisterung zur Veränderung bei den Menschen.
RM: Dieser Wille zur Begeisterung und Veränderung fängt bei den Führungskräften an. Das ist jedoch kein Spezifikum eines kommunalen Unternehmens. Hier sehe ich es eher als spezifisch an, dass die Rahmenbedingungen im Detail nicht selten andere sind als im privaten Wettbewerb. Die größten Unterschiede zwischen kommunalen und privatwirtschaftlichen Unternehmen im Wettbewerb lassen sich mit Sicherheit auf ihre unterschiedlichen Ziele, regulatorischen Rahmenbedingungen, Finanzierungsstrukturen und Flexibilitätsanforderungen zurückführen. Das Hauptziel eines kommunalen Unternehmens ist die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, oft im Interesse des Gemeinwohls, und nicht primär die Erzielung von Gewinnen, während letzteres das Primärziel eines privatwirtschaftlich organisierten Unternehmens ist.
Dass die HGK-Gruppe als Teil des Stadtwerkekonzerns Köln seit 2020 auch Eigentümer der HGK Shipping, dem größten Binnenschafts-Unternehmens Europas, ist, zeigt beispielhaft eindrucksvoll, dass man sich als kommunales Unternehmen strategisch sehr klug im Wettbewerb positionieren kann.
Dies dauerhaft erfolgreich zu tun, bedeutet neben der Bereitschaft zur organisatorischen Weiterentwicklung vor allem auch, die kulturelle Entwicklung voranzutreiben. Die Förderung der Innovationskultur, in der man Niederlagen in Kauf nimmt, aber auch Erfolge angemessen gemeinsam feiert, hierbei als zentralen Stellhebel zu verfolgen, ist in meinen Augen ein sehr vielversprechender Ansatz
Wir leben in sehr volatilen Zeiten. Auf der einen Seite gibt es multiple Krisen, auf der anderen eröffnen sich durch technologischen Fortschritt neue Möglichkeiten. Wie schafft man da Resilienz und Spielraum für Neues?
UW:Die Risiken bei unternehmerischen Entscheidungen nehmen immer mehr zu. Die Unternehmensumwelt verändert sich rasant. Und dennoch, es darf ja keinen Stillstand der Rechtspflege geben. Dass wir bei allen Entscheidungen natürlich mit Augenmaß und einer entsprechende Risikoabschätzung agieren, versteht sich von selbst. Ich persönlich glaube aber, dass wir jetzt Maßnahmen einleiten müssen, die bereits die Zeiten nach den multiplen Krisen berücksichtigen. Krisen gab es weltweit immer und wird es immer geben. Und Resilienz schaffen wir nur durch gute Unternehmensergebnisse. Ohne Entwicklung der Geschäftsmodelle und ohne technologischen Fortschritt schaffen wir das aber nicht. Allerdings muss sich jede Investition rechnen.
RM: Um in volatilen Zeiten Resilienz zu schaffen und gleichzeitig Raum für Neues zu lassen, müssen Unternehmen sowohl ihre strukturelle wie wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärken als auch eine Kultur der Innovation fördern. Eine diversifizierte Strategie, kombiniert mit agilen Strukturen und einer offenen Unternehmenskultur, ermöglicht es, flexibel auf Krisen zu reagieren und gleichzeitig neue Möglichkeiten zu nutzen. Die richtige Balance zwischen Stabilität und Wandel ist entscheidend, um langfristig erfolgreich zu sein. In meinen Augen sind diese letztgenannten Leitlinien auf Unternehmen gleichermaßen anzuwenden wie auf den privaten Bereich, um sich erfolgreich und glücklich durchs Leben „zu navigieren“
Welche Rolle spielen Ihre Mitarbeitenden für den unternehmerischen Erfolg – heute und in Zukunft?
UW: Die richtigen Mitarbeitenden sind der Schlüssel zum Erfolg. Sie können noch so ein tolles Geschäftsmodell haben, ohne die Menschen mit dem richtigen Mindset werden Unternehmen nicht erfolgreich sein. Auch vor Jahrzehnten waren die Menschen schon ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg, heute – in Zeiten eines deutlich erhöhten Wettbewerbs – spielen sie aber noch einmal eine bedeutendere Rolle. Also, woher bekommen wir die besten Köpfe und wie überzeugen wir sie als bester Arbeitgeber?
Wie sichern Sie genügend Kapital für notwendige Investitionen, auch in schwierigen konjunkturellen Phasen?
UW: Einerseits haben wir das Glück, Teil eines insgesamt erfolgreichen Konzerns zu sein. Andererseits sitzt das Geld auch dort nicht mehr so locker. Wichtig ist, dass das Geschäftsmodell trägt und jede Investition einem erfolgversprechenden Business Case folgt. Dann mache ich mir keine Sorge, dass wir die Finanzierung unserer Investitionen hinbekommen.
Welche Rolle spielen Kooperationen in Ihrem Geschäft?
UW: Um ein Unternehmen weiterzuentwickeln, gibt es 3 Möglichkeiten. Sie wachsen organisch, also aus sich selbst heraus, sie kaufen zu oder sie kooperieren. Kooperationen haben im Gegensatz zu vergangenen Jahren an Schrecken verloren. Ich glaube fest daran, dass Kooperationen – den richtigen Partner vorausgesetzt – sehr erfolgreich sein können. Kooperationen sind daher für mich ein wesentlicher Baustein in der Entwicklung der HGK Integrated Logistics Group.
RM: Dem ist im Grunde genommen nichts hinzuzufügen. Hier unterscheidet sich die HGK Integrated Logistics Group in keinster Weise von Advyce & Company. Um unseren Kunden immer die bestmögliche Dienstleistung anbieten zu können, waren wir schon bei unserer Gründung vor 10 Jahren darauf angewiesen, kooperierende Partner in Projekte einzubinden und sind damit sehr erfolgreich gewesen. Seitdem sind wir stark sowohl organisch als auch anorganisch gewachsen. Kooperationen sind heute und werden morgen aber immer immanenter Bestandteil unseres Geschäftsmodells sein.
Was wünschen Sie sich in Zukunft von der Politik für die Wirtschaft allgemein und Ihre Branche im Speziellen?
UW: Zur Beantwortung dieser Frage reicht hier der Platz nicht aus. Aber die grundsätzlichen Forderungen, denen ich mich anschließe, heißen doch Bürokratieabbau, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und zielgerichteter Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Hierbei liegt mir persönlich die Wasserstraße besonders am Herzen. Der Zustand beispielsweise der Schleusen im kanalisierten System aber auch die Abladetiefen auf dem Rhein sind nicht ansatzweise adäquat. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Das fordern wir allerdings schon seit Jahren. Sagen Sie mir, warum wir in teure und sehr innovative Schiffe investieren, wenn diese Schiffe morgen vor maroden und kaputten Schleusen liegen und nicht weiterfahren können? Am Ende hilft aber wahrscheinlich nur, dass wir als Dienstleister gemeinsam mit unseren Kunden Lösungen finden. Die Politik wird uns eher nicht helfen!
RM: Die Politik in Deutschland kann durch eine Kombination aus Infrastrukturinvestitionen, Förderung von Innovation und Digitalisierung, Nachhaltigkeitsinitiativen, Fachkräftesicherung und Bürokratieabbau die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und speziell für die Logistikbranche verbessern. Ein Fokus auf langfristige Strategien, die sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Resilienz der Branche stärken, wird entscheidend sein, um in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu bleiben. Problematisch erscheint mir in diesem Zusammenhang der Umstand, dass viele der zu bearbeitenden Handlungsfelder keine „low hanging fruits“ sind, mit denen man als Politiker innerhalb einer Legislaturperiode bei den Wählern – für die Wiederwahl -Pluspunkte sammeln könnte. Oft wird eher das Gegenteil der Fall sein. Deswegen müssen wir ein Stück weit auch wieder auf eine Generation von Politikern hoffen bzw. diese wählen, die bereit sind, zur Lösung der wirklichen großen Probleme und Herausforderungen ihre eigene Person und ggf. auch ihre Wiederwahl hintenanzustellen. Bis dahin ist der von Herrn Wedig beschriebene Ansatz mit Sicherheit das Gebot der Stunde.