Warum es sich gerade jetzt „lohnt“ das eigene Geschäftsmodell neu auszurichten
Mit Verabschiedung der neuen EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive sind deutlich mehr Unternehmen verpflichtet, darüber zu berichten, inwieweit sich ihre Geschäftsaktivitäten auf Nachhaltigkeitsaspekte wie Klimaschutz und Menschenrechte auswirken. Der Blick geht nun auch deutlich nach vorn. Neben der Retrospektive rücken vor allem die zukunftsorientierte Berichterstattung und damit einhergehend geplante Nachhaltigkeitsinitiativen in den Vordergrund.
Greenwashing ist endlich Passé!
Die Zeiten, in denen von so manchem „Greenwashing“ als willkommene Abwechslung im Marketing begriffen und betrieben wurde, sind allerdings – dankenswerterweise – endgültig passé. Hochglanzreportings und mehr oder minder kunstvoll zusammengestellte Tabellen genügen heute niemandem mehr, schon gar nicht dem Gesetzgeber. Der Wesenskern von Nachhaltigkeitsinitiativen muss heute vielmehr aus umsetzungsfähigen Maßnahmen bestehen, die im besten Sinne auf eine nachhaltige Zukunft sowie die eigene License to Operate einzahlen.
Eine aktuelle Analyse des CDP¹ zeigt auf, dass zwar die Hälfte der europäischen Unternehmen Klimaschutzpläne verabschiedet hat, die sich zumindest am Pariser Klimaziel orientieren, aber nur ein geringer Anteil von 5% der Unternehmen kann auch darlegen, wie es dieses Ziel erreichen will.² Den Unternehmen fehle es an Ehrgeiz in den erfolgskritischen Themenbereichen Governance, Finanzplanung und Neuausrichtung der eigenen Wertschöpfung.
Banken decarbonisieren ihre Bücher
Der Bericht des CDP sagt, dass „bis zu 40% aller ausstehenden Unternehmensschulden der untersuchten Unternehmen (1,8 Billionen Euro) derzeit diejenigen finanzieren, die keine klaren Ziele verfolgen oder nachweislich glaubwürdige Übergangspläne entwickeln.“²
Einigen Unternehmen scheint die Tatsache nicht bewusst zu sein, dass Banken längst dabei sind, ihre eigenen Netto-Null-Ziele (auch) durch die Dekarbonisierung ihrer Kreditbücher zu erreichen. Damit wird der Zugang zu Finanzierungen für Unternehmen absehbar schwieriger.
Ergänzend zur ESG-bezogenen Regulatorik sehen sich Unternehmen mit maßgeblichen Herausforderungen wie hoher Inflation, steigenden Energiekosten und mangelhafter Rohstoffversorgung konfrontiert. Viele Unternehmen bemühen sich derzeit um aktives Cash Management, um die GuV für 2023 und perspektivisch bereits für 2024 zusammenzuhalten.
Wie vermählt man Wirtschaftlichkeit mit Klimaschutz?
Für viele Entscheider stellt sich aktuell die Frage, ob Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit konkurrierende Zielsetzungen und damit ein relevantes Dilemma darstellen. Oder sind diese vielmehr zwei Seiten ein und derselben Medaille? Gesetzte Ziele und daraus abgeleitete Maßnahmen müssen gleichermaßen auf beide Zielstellungen einzahlen. Sonst würden in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation – konzentrierte man sich ohne Acht auf Wirtschaftlichkeit, lediglich auf Nachhaltigkeitsziele – nach dem Verzehr des Eigenkapitals, vielerorts Unternehmen vor dem Aus stehen.
Insbesondere die tragfähige Kapitalausstattung zur Finanzierung der eigenen Transformation ist für viele ein entscheidender Dreh- und Angelpunkt. Unternehmen sollten daher nochmals ihre eigene Rolle zur Dekarbonisierung ihrer Banken und die Chancen, die sich draus ergeben berücksichtigen. Für Banken, die zügig nach weiteren attraktiven Chancen zur Dekarbonisierung ihres Portfolios suchen, mag eine etwas großzügigere finanzielle Unterstützung von engagierten Unternehmen leichter fallen. Der Schluss liegt nahe, dass die Transformation des eigenen Unternehmens gerade jetzt von vielen Kreditgebern goutiert werden könnte.
Krisen sind auch Chancen. Unternehmensstrategie muss jetzt aktiv Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und (Re-)Finanzierung überein bringen. Die Ableitung einer umfassenden stabilen – und diese Aspekte explizit berücksichtigende – Roadmap kann einen Beitrag dazu leisten, dass Bemühungen zur Absicherung des langfristigen Unternehmenserfolges Früchte tragen werden.